Termin
Dienstag, 2. Oktober 2018, 16.00 bis 19.00 Uhr (2 UE)
Unterrichtseinheiten: 2
Treffpunkt
Königin-Luise-Str. 6, 14195 Berlin
Zielgruppe
Architekt_innen und Ingenieur_innen
Lernziel
Denkmalschutz und energetische Sanierung am Beispiel von genieteten Stahlkonstruktionen
Inhalt
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Landesdenkmalamt und der Baukammer Berlin, Vortrag: Energetische Sanierung genieteter Stahlkonstruktionen von 1907, Führung durch das Große Tropenhaus und Victoria-Haus
Erbaut wurde das Große Tropenhaus und das Victoria Haus 1906/07 als bis heute größte Gewächshäuser des Botanischen Gartens Berlin. Die stützenfreien Stahlkonstruktionen waren eine technische Pionierleistung der kaiserlichen Reichshauptstadt. Ein außenliegendes Tragwerk aus stählernen Dreigelenkbögen trug die in das Tragwerk eingehängte thermische Hülle, ihre filigranen Holzsprossen trugen hunderten von Einzelscheibchen. Diese nach innen versetzte Fassade war im 2. Weltkrieg durch die Druckwelle eines nahen Bombentreffers zerstört worden – das tragende genietete Stahlgerüst indes überdauerte. Das Haus ist ein Einzeldenkmal.
Mitte der 60-er Jahre baute man die Häuser wieder auf. Die dabei als neue Verglasung gewählten 1 x 2 Meter großen Acrylglastafeln waren das für die Zeit innovativste Material, zerstörten aber das ursprüngliche, kleinteilige Erscheinungsbild der Gebäude. Neben einer Wiederherstellung des einst filigranen Fassadenbildes zählte die Halbierung des jährlichen Energiebedarfs zu den Hauptzielen der Sanierung
Um im Inneren der Gebäude bei vertretbaren Kosten ganzjährig eine konstante Temperatur von mindestens 25 Grad zu halten, war eine hoch wärmedämmende Isolierverglasung gefragt. Konventionelle Isolierverglasungen weisen jedoch einen deutlich reduzierten Lichttransmissionswert auf und lassen kein UV-Licht durch: Ohne UV-Strahlung aber würden viel der Tropenpflanzen unnatürlich schnell, zugleich aber weniger kräftig wachsen; fast alle sind auf das gesamte Spektrum natürlichen Sonnenlichts angewiesen. Dies waren die widerstreitenden Anforderungen, die mit der Sanierung anspruchsvoll realisiert wurden.
Außen Kaiserzeit, innen High-Tech-Haustechnik
Mit der neuen Fenstergröße, suchte Haas Architekten die Position des Landesdenkmalamtes mit jener der Botaniker zu versöhnen, denen an einem möglichst großen Lichteinfall lag. Zwar war die ursprüngliche Sprossung noch deutlich zierlicher, doch ist das neue Rastermaß sehr viel näher am einstigen Erscheinungsbild als die großformatigen Glastafeln der Nachkriegsfassung. Die Häuser sind technisch auf dem Stand des 21. Jahrhunderts und vermitteln in ihrer Gestalt den Fortschrittsgeist des frühen 20. Jahrhunderts – als man mit noch neuen Materialien Stahl und Glas begann, die Architektur zu entmaterialisieren und die Grenzen des konstruktiv machbaren auszuloten.
Referentinnen und Referenten
Dipl.-Ing. Friedhelm Haas, freischaffender Architekt, Berlin