13. April 2021

Wir brauchen eine bodenpolitische Wende!

Das neu gegründete Bündnis Bodenwende hat am 12. April 2021 sechs der im Bundestag vertretenen Parteien „Bodenpolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021“ vorgelegt.

Verbändebündnis stellt Parteiprogramme zur Bundestagswahl auf den Prüfstand

Das neu gegründete Bündnis Bodenwende hat am 12. April 2021 sechs der im Bundestag vertretenen Parteien „Bodenpolitische Wahlprüfsteine zur Bundes-tagswahl 2021“ vorgelegt. Der überparteiliche Zusammenschluss von Akademien, Kammern, Verbänden und Stiftungen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen sieht in der Wende zu einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik eine der wichtigsten Aufgaben für die kommende Legislaturperiode des Bundestages.

Prof. Dr. Elisabeth Merk, Präsidentin der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, unterstreicht die zentrale Bedeutung des Themas: „Eine soziale und nachhaltige Bodenpolitik ist der Dreh- und Angelpunkt für bezahlbares Wohnen und lebenswerte Städte, aber auch für den Klimaschutz und den Erhalt der Biodiversität. Angesichts dieser großen Herausforderungen erfordert Bodenpolitik mehr Aufmerksamkeit der Politik.“

„Die begrenzte Ressource Boden rückt zunehmend in den Blick, sowohl was den Flächenverbrauch als auch was die zunehmende Verknappung von Bauland und Ackerflächen betrifft“, betont Christine Edmaier, Architektin und Präsidentin der Architektenkammer Berlin. „Öffentliche Flächen sind zu sichern, um grüne Infrastruktur für Erholung und Klimaschutz in den Städten zu gewährleisten und zusammenhängende Naturräume, Artenvielfalt und nachhaltiges Wirtschaften im gesamten Land zu sichern. Um diesen Zielen langfristig gerecht zu werden, sollte eine Vergabe an Dritte grundsätzlich nur in Erbpacht erfolgen und an zukunftsfähige und innovative Konzepte sowie soziale und ökologische Standards geknüpft werden.“

In den Wahlprüfsteinen geht es um Themen wie die Regulierung des Bodenmarktes und Verhinderung von Spekulation oder Geldwäsche, sparsamer Umgang mit Grund und Boden, verbesserte Rahmenbedingungen für die kommunale Bodenvorratspolitik, Stärkung des Erbbaurechts, gerechtere Besteuerung von Grund und Boden, Nutzung leistungsloser Bodenwertsteigerungen für die Allgemeinheit sowie neue planungsrechtliche Instrumente für die Mobilisierung von Bauland und den Bau von bezahlbaren Wohnungen.

Das Bündnis Bodenwende erwartet bis Mai die Antworten der Parteien. Diese werden im Juni 2021 zusammen mit einem Forderungskatalog für eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik veröffentlicht. Am 29. Juni 2021 werden die Forderungen des Bündnisses und die Positionen der Parteien mit Vertreterinnen und Vertretern der Parteien im Deutschen Architekturzentrum in Berlin in einer öffentlichen Online-Debatte diskutiert. Ziel des Bündnis Bodenwende ist es, das lange unterschätzte Thema ganz nach oben auf die politische Agenda der nächsten Bundesregierung zu bringen. Susanne Jahn, stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung für Stadt-, Regional und Landesplanung, erwartet von den Parteien eine kreative Auseinandersetzung mit den Fragen des Bündnisses: „Auch die durch die Folgen der Pandemie dringlicher gewordene Transformation unserer Innenstädte braucht wirksamere boden- und planungsrechtliche Instrumente. Sonst drohen Konzepte wie Stärkung von sozialer Begegnung und Kultur oder Erhöhung des Wohnanteils in den Innenstädten an hohen Bodenpreisen und Spekulation zu scheitern.“

Hintergrund: Boden ist wie Luft und Wasser – unverzichtbar und als räumliche Ressource nicht vermehrbar. Er ist als Grundlage des Lebens für Tiere, Pflanzen und Menschen sowie als CO2-Senke für Klimastabilität unersetzbar. Er ist Grundlage für andere Gemeinschaftsgüter wie Natur-, Klima- und Gesundheitsschutz, für lebendige öffentliche Räume, bedarfsgerechte soziale Infrastrukturen und nicht zuletzt für menschenwürdiges, bezahlbares Wohnen. Boden ist seit der Weltfinanzkrise immer mehr zur lukrativen Anlage und zum Spekulationsobjekt geworden. Nicht nur Bauland in attraktiven Großstadtregionen, sondern auch Ackerland wird in großem Stil von internationalen Anlegern aufgekauft („Landbanking“). Stark steigende Bodenpreise in den Stadtregionen und die Spekulation mit Boden und Wohnungsbeständen treiben die Mieten in die Höhe. Die Preise für Bauland sind in den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern und Einwohnerinnen seit 2009 um mehr als das Dreifache auf durchschnittlich über 1.100 Euro je Quadratmeter gestiegen. In München haben sie sich in diesem Zeitraum sogar auf rund 5.000 Euro je Quadratmeter mehr als vervierfacht. Von 2011 bis 2018 stiegen die Wiedervermietungsmieten in den sieben größten deutschen Städten zwischen 17 und 70 Prozent.

Damit Städte und Gemeinden eine langfristige Bodenvorratspolitik betreiben und das Gemeinwohl beim Wohnungsbau und bei der Schaffung klimawirksamer Grünflächen besser durchsetzen können, müssen sie – wie schon seit Jahren gefordert – endlich wirksamere Instrumente gegen Bodenspekulation und die Hortung von baureifen Grundstücken bekommen. Das Bündnis Bodenwende ist ein überparteilicher Zusammenschluss von Akademien, Kammern, Verbänden und Stiftungen aus den Bereichen Architektur und Raumplanung, Umwelt und Naturschutz sowie Soziales und gesellschaftliche Teilhabe.

Bodenpolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021
Bündnis Bodenwende: Wer wir sind – wofür wir stehen