Architektur kompakt – die nördlichen Vorstädte II: vom Wedding zur Weißen Stadt

Termin

Samstag, 21. Mai 2022, 14.00 bis 17.00 Uhr

Unterrichtseinheiten: 1

Ort

Treffpunkt: Am "Beamtentor" der AEG, Brunnenstraße 100 (U + S, Gesundbrunnen)

Zielgruppe

Die Veranstaltungsreihe ist für Architektinnen und Architekten gedacht, die in Berlin noch nicht heimisch sind, und für alle, die ihre Stadt neu sehen möchten.

Themengebiet (Absolventinnen und Absolventen)

Koordination und Überwachung

Lernziel

Die Teilnehmenden lernen die komplexe Entwicklung Berlins und seine Architekturgeschichte kennen. Deshalb sind die Wege so gewählt, dass sie zum einen etwas über die jeweilige Kiezgeschichte im Zusammenhang mit Großberlin erfahren, zum anderen signifikante Beispiele aus jeder Stilepoche kennenlernen. Sie kommen auch in Berührung mit aktuellen Projekte und Problemzonen – Wunden und Visionen.

Inhalt

Eine Wanderung durch die Berliner Baugeschichte.

Drei der Wanderungen führen durch den etwas vage „Mitte“ genannten alten Kern der Stadt. Sie erläutern so die Entstehung Berlins und die frühen Erweiterungen, mit ihrem Schatz an mittelalterlicher, barocker und klassizistischer Architektur, dem Heilen der Kriegswunden und Nach-Wende-Highlights. „Mitte“ (1.) selbst stellt den Zusammenhang zwischen den Gründungsorten Berlin/Cölln und der „Friedrichstadt“ (2.) her, die in der zweiten Wanderung genauer unter die Lupe genommen wird. Die „nördlichen Vorstädte“ (3) haben von der Struktur her Bauten und die Stimmung Berlins vor den Gründerjahren bewahrt. Der Historismus selbst und die Industrialisierung sind im Wedding (4) präsent, das der Hobrecht-Plan von 1862 mit einbezog, während er das idyllische Reinickendorf „verschonte“. Dort war um 1930 noch Platz für eine der Weltkulturerbe-Siedlungen.

Es gibt zwei Städte, die die gesamte deutsche Baugeschichte repräsentieren, Berlin und Köln. Köln von der Antike bis zum Ende des Mittelalters und Berlin, das vielleicht von Kölnern mitbesiedelt wurde, von der Renaissance bis in die Gegenwart. Kein Wunder, dass die zwei bekanntesten Gebäude gerade in diesen beiden Städten stehen: der Kölner Dom – um die Zeit seiner Gründung 1248 wird Berlin gerade zum ersten Mal aktenkundig. Und das Brandenburger Tor, mit dem Berlin Avantgarde der Weltarchitektur ist. Diese Rolle besaß Köln im Mittelalter, unvergleichlich sind die romanischen Kirchen und im Dom kulminiert die Gotik. Ebenso unvergleichlich ist der Berliner Klassizismus. Und das Bauhaus als ein wesentlicher Teil der Moderne ist, kess gesagt, eine Berliner Erfindung. Köln ist monozentrisch, der Dom ist sichtbar die Mitte und auf einem Halbkreis, der „via sacra“, kann man Kölns Romanik erwandern. Berlin ist polyzentrisch, oder, um einen neuen Titel Bob Dylans abzuwandeln, „Berlin contains multitudes“. Jeder Bezirk ist sein eigener Kosmos, und alle glauben das auch von ihrem Kiez. Berlin kann man nicht erwandern, und die Bezirke sind Großstädte. Aber man kann ihre Eigenarten entdecken, ihre Bedeutung in der Stadtentwicklung, ihre Position zu Berlins Mitte, die Spuren von Schinkel und den Modernen, um so im Kleinen ein Bild des Gesamten zu erkennen – pars pro toto.

DIE NÖRDLICHEN VORSTÄDTE II, vom Wedding zur Weißen Stadt
oder "Industrie und sachliche Idylle"

Die von Schinkel und Beuth initiierte Berliner Industrie begann am Rande der Stadt, unweit der Invalidenstraße, dem sogenannten Feuerland mit Borsig. Die Stadt wuchs, man zog raus, Borsig nach Tegel, Siemens nach Charlottenburg und die AEG nach Wedding. Dort, südlich am Humboldthain, an dem sich auch eine der „Notkirchen“ von Otto Bartning versteckt, hat Peter Behrens den Industriebau vom Historismus in die Moderne geführt: Kleinmotorenfabrik und Montagehalle. Fast alles steht noch, von J.P. Kleihues geschickt umrahmt. Der Kern des Wedding aber ist der Gesundbrunnen, an dem 1701 eine Müllerin dem von der Jagd erschöpften Friedrich I. frisches Wasser reichte. Der Ort wurde beliebt, Ausflugslokale entstanden, man baute so viel, dass die Quelle versiegte. Heute ist der einst berüchtigte „Rote Wedding“ ein quirliges multikulturelles Quartier, idyllisch an der Panke, mit alter Mühle und neuer Bibliothek, großstädtisch an der Badstraße, mit einer Schinkelkirche, prächtigem neugotischen Amtsgericht und einem Straßenbahndepot – langgestreckte, raurote Backsteinmoderne. Zur anderen, der Bauhaus-Moderne, geht es mit der U 8 nach Reinickendorf in die Weiße Stadt, einer der konsequentesten Siedlungen des Neuen Bauens, als Martin Wagner Stadtbaurat war und in Planungsämtern entworfen wurde. Nicht weit entfernt hat sich der Grundriss des Dorfangers erhalten, jetzt heterogen umbaut, aber die mittelalterliche Dorfkirche steht noch.

Referentinnen und Referenten

Prof. em. Dipl.-Ing. Cord Machens, Architekt, Berlin

Gebühr

Mitglieder
25,00 Euro
Absolventinnen und Absolventen
25,00 Euro
Gäste
50,00 Euro