Termin
Freitag, 29. September 2023, 14.00 bis 17.00 Uhr
Unterrichtseinheiten: 3
Treffpunkt
Aedes auf dem Pfefferberg, Christinenstr. 18-19 (U2 Senefelder Platz)
Ort
Treffpunkt: Aedes auf dem Pfefferberg, Christinenstr. 18-19 (U2 Senefelder Platz)
Zielgruppe
Die Veranstaltung ist vor allem für Architektinnen und Architekten gedacht, die in Berlin noch nicht heimisch sind und für alle, die ihre Stadt neu kennenlernen wollen.
Lernziel
Die Teilnehmenden lernen die komplexe Entwicklung Berlins und dessen Architekturgeschichte kennen. Aus jeder Epoche werden Beispiele gezeigt und bis ins Detail analysiert, dazu in der Diskussion stehende Projekte und „Problemzonen“.
Inhalt
Eine Wanderung durch die Berliner Baugeschichte.
Es gibt zwei Städte, die die gesamte deutsche Baugeschichte repräsentieren: Berlin und Köln. Köln von der Antike bis zum Ende des Mittelalters und Berlin, das vielleicht von Köllnern mitbesiedelt wurde, von der Renaissance bis in die Gegenwart. Kein Wunder, dass die zwei bekanntesten Gebäude dort stehen: der Kölner Dom, um die Zeit seiner Gründung 1248 wird Berlin gerade zum ersten Mal aktenkundig. Und das Brandenburger Tor, mit dem Berlin Avantgarde der Weltarchitektur ist. Diese Rolle besaß Köln im Mittelalter, unvergleichlich sind die romanischen Kirchen und im Dom kulminiert die Gotik. Ebenso unvergleichlich ist der Berliner Klassizismus. Und das Bauhaus als ein wesentlicher Teil der Moderne ist, kess gesagt, eine Berliner Erfindung. Köln ist monozentrisch, der Dom ist sichtbar die Mitte und auf einem Halbkreis, der „via sacra“, kann man Kölns Romanik erwandern. Berlin ist polyzentrisch, oder, um einen neuen Titel Bob Dylans abzuwandeln, „Berlin contains multitudes“. Jeder Bezirk ist sein eigener Kosmos, und alle glauben das auch von ihrem Kiez. Berlin kann man nicht erwandern, und die Bezirke sind Großstädte. Aber man kann ihre Eigenarten entdecken, ihre Bedeutung in der Stadtentwicklung, ihre Position zu Berlins Mitte, die Spuren von Schinkel und den Modernen, um so im Kleinen ein Bild des Gesamten zu erkennen – pars pro toto.
DER PRENZLAUER BERG – vom Pfefferberg zur Wohnstadt Carl Legien oder „Die Gründerjahre und der Aufbruch in die Moderne“
Die Wanderung beginnt auf dem Pfefferberg, dessen backsteinrote Bauten im Rundbogenstil umgenutzt und mit Modernem ergänzt wurden. Ähnliches hat Chipperfield mit der Bölzow-Brauerei vor und die Kulturbrauerei von Schwechten ist längst Legende, wie der Wasserturmplatz, dem ersten Wasserwerk Berlins, erschlossen durch die U-Bahn in Hochlage, dem Magistratsschirm. Zur kulturellen Infrastruktur gehören die stolze Synagoge in der Rykestraße und die Gethsemanekirche, deren weite Vierung wie ein Zentralbau wirkt, von feingliedrigen Rippengewölben überspannt. Dazu ein Katalog von Schulen unterschiedlichster Stile aus der Ära Ludwig Hoffmanns.
Und alles von James Hobrecht geschickt verteilt in der typischen Mietshausarchitektur des „steinernen Berlin“, das sich hier wie nirgends, vom Krieg und von geplanter Flächensanierung verschont, erhalten hat. Eingestreut in die Fassaden, deren Historismus man hier lieben lernt (und die das Elend der Hinterhöfe kaschierten), sind einige kluge Nach-Wende-Lückenschlüsse. Aber vor allem gibt es ganze Blocks von Versuchen früher Wohnungs-Reformarchitektur mit schlichteren Fassaden, von Alfred Messel und Paul Mebes für Baugenossenschaften geplant, nach Konzepten also, die wieder aktuell geworden sind.
In der kargen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in der Ära Martin Wagners, entstand neuer Wohnungsbau, nun aber in der Sprache der Moderne. Sachlich, aber voller Charme und Witz, ist, zumindest bei Bruno Taut, dessen Wohnstadt Carl Legien, die Ziel der Wanderung ist. Ein Höhepunkt der Zwanziger-Jahre-Siedlungen, 2008 zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt, nachdem sie ein Jahr vorher von der Stadt an die Deutsche Wohnen verkauft worden war!
Referentinnen und Referenten
Prof. em. Dipl.-Ing. Cord Machens, Architekt, Berlin