Architektur kompakt – Berlins "linke Mitte", vom Nikolai-Viertel zum Frankfurter Tor

Termin

Samstag, 1. Oktober 2022, 14.00 bis 17.00 Uhr

Unterrichtseinheiten: 1

Treffpunkt

vor der Ruine der Franziskaner Klosterkirche, Klosterstraße 74 (U2)

Zielgruppe

Die Veranstaltungsreihe ist für Architektinnen und Architekten gedacht, die in Berlin noch nicht heimisch sind, und für alle, die ihre Stadt neu sehen möchten.

Lernziel

Die Teilnehmenden lernen die komplexe Entwicklung Berlins und seine Architekturgeschichte kennen. Die Wege sind so gewählt, dass sie zum einen die jeweilige „Kiezgeschichte“ im Zusammenhang mit „Großberlin“ erhellen. Zum anderen werden signifikante Beispiele aus jeder Stilepoche berührt, erläutert und diskutiert, dazu aktuelle Projekte und Problemzonen – Wunden und Visionen.

Inhalt

Eine Wanderung durch die Berliner Baugeschichte

Es gibt zwei Städte, die die gesamte deutsche Baugeschichte allgemein repräsentieren: Berlin und Köln. Köln von der Antike bis zum Ende des Mittelalters und Berlin, das vielleicht von Köllnern mitbesiedelt worden war, von der Renaissance bis in die Gegenwart. Kein Wunder, dass die zwei bekanntesten Gebäude dort stehen: der Kölner Dom, um die Zeit seiner Gründung 1248 wird Berlin gerade zum ersten Mal aktenkundig, und das Brandenburger Tor, mit dem Berlin Avantgarde der Weltarchitektur ist. Diese Rolle besaß Köln im Mittelalter, unvergleichlich sind die romanischen Kirchen und im Dom kulminiert die Gotik. Ebenso unvergleichlich ist der Berliner Klassizismus und das „bauhaus“, ein wesentlicher Teil der Moderne, ist, kess gesagt, eine Berliner Erfindung. – Köln ist monozentrisch, der Dom ist sichtbar die Mitte und auf einem Halbkreis, der „via sacra“ , kann man Kölns Romanik erwandern.
Berlin ist polyzentrisch, oder, um einen neuen Titel Bob Dylans abzuwandeln, „Berlin contains multitudes“. Jeder Bezirk ist sein eigener Kosmos, und alle glauben das auch von ihrem Kiez.
Berlin kann man nicht erwandern, und die Bezirke sind Großstädte. Aber man kann ihre Eigenarten entdecken, ihre Bedeutung in der Stadtentwicklung, ihre Position zur „Mitte“, die Spuren von Schinkel und den Modernen, um so im Kleinen ein Bild des Gesamten zu erkennen – pars pro toto.

BERLINS LINKE MITTE, vom Nikolai-Viertel zum Frankfurter Tor
oder „Vom latenten Berliner Klassizismus“

Der zerstörte Kern Berlins ist zum 750. Gründungsjubiläum aus Rekonstruktionen, Versatzstücken und postmodernem Plattenbau neu erstanden, fragwürdig und rührend zugleich. Mittelpunkt ist der feldsteingrobe Turmsockel der Nikolaikirche, die älteste Architektur Berlins, um die Ecke trafen sich Lessing und Moses Mendelssohn.
Nach der Enge ist die Weite des Marx-Engels-Forums befreiend und die an Hilberseimer erinnernden Hochhausscheiben geben Schloss, Marienkirche, Rotem Rathaus und Fernsehturm großstädtischen Rahmen. Peter Behrens hat Vergleichbares am Alexanderplatz versucht, weiter kam man nicht, dafür soll er nun zu einer halbherzigen Stadtkrone werden, für die das „Haus des Lehrers“ Auftakt war.
Selbstbewusster markieren am Frankfurter Tor (zu dem uns die U 5 bringen wird) die Zwillingstürme die Ostberliner Magistrale, die ehemalige Stalin-Allee.
Ihre Architektur ist ganz dem Moskauer „Zuckerbäckerstil“ verpflichtet, bildet aber, anders als sein westlicher Antipode, das „Hansa-Viertel“, städtischen Raum, (weshalb es Aldo Rossi schätzte), besticht durch Materialbewusstsein und charmante Details. Das jüngere Filmtheater „Kosmos“ durfte nun wieder „modern“ sein, aber nicht so spröde wie Scharouns Laubenganghäuser gegenüber, mit denen dort alles begann. „So solle man auf freiem Feld bauen“, polterte Ulbricht, „aber nicht mitten in der Stadt“ und befahl umzudenken. 1951 entstand das „Hochhaus an der Weberwiese“, und das ist nun wirklich dichter an Schinkel als alles andere zu der Zeit in Berlin.

Referentinnen und Referenten

Prof. em. Dipl.-Ing. Cord Machens, Architekt, Berlin

Gebühr

Mitglieder
25,00 Euro
Absolventinnen und Absolventen
25,00 Euro
Gäste
50,00 Euro