Der Begriff der Nachhaltigkeit

Allgemeine Begriffsdefinition

Ursprünglich in der Forstwirtschaft als betriebswirtschaftliches Prinzip zur dauerhaften Sicherung des Holzertrages – und dadurch mittelbar zum Schutz des Waldes – eingeführt, erlebte der Begriff "Nachhaltigkeit" mit der Weltklimakonferenz von Rio de Janeiro 1992 seine Wiederbelebung:"Nachhaltige Entwicklung" – als Übersetzung von "sustainable development" –  wurde zur globalen Politikaufgabe und zum Leitbild für menschliches Handeln erhoben.

Bedürfnisse der heute lebenden Menschen dürfen nicht zu Lasten zukünftiger Generationen befriedigt werden und natürliche Ressourcen nur in dem Umfang in Anspruch genommen werden, wie sie sich erneuern können. Das Leitbild der Nachhaltigkeit reicht aber über Umweltfragen hinaus. Es umfasst gleichgewichtig neben den ökologischen auch ökonomische und soziale Zielsetzungen (Drei-Säulen-Modell). 

Nachhaltiges Planen und Bauen erfordert die gleichwertige Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange. Darüber hinaus verlangt es die Betrachtung des einzelnen Bauvorhabens in seinem stadträumlichen Zusammenhang sowie die Entwicklung von Lösungsansätzen, die gleichzeitig Umwelt und natürliche Ressourcen schonen, wirtschaftlich vertretbar und sozial verträglich sind.

Allen zugrundeliegend ist die richtige Wahl des Standortes und u.a. die Orientierung des Gebäudes auf dem Grundstück.Hinzu kommen themenübergreifend beispielsweise beim Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) für Bundesgebäude eine Bewertung der technischen Qualität der Ausführung sowie der Prozessqualität in Planung, Bauausführung und Betriebsführung. 

Grundsätze und Ziele

Zu den übergeordneten Grundsätzen des nachhaltigen Planens und Bauens gehören unter anderem

  • der sparsame und schonende Umgang mit natürlichen, technischen und ökonomischen Ressourcen
  • der sparsame und schonende Umgang mit Bauland (Stadtverdichtung statt "Urban Sprawl", flächensparendes Bauen) sowie die vorrangige Nutzung vorhandener Bauflächen und Bauten (Flächen- und Gebäuderecycling);
    die Nutzung bzw. der Um- und Ausbau verfügbarer Altgebäude und -flächen sollte Vorrang vor dem Neubau haben.
  • die Entwicklung integrierter Gesamtkonzepte, die insbesondere Aussagen über den sorgsamen Umgang mit Energie und Wasser, die Gestaltung der Grün- und Freiflächen und Gebäudeaußenflächen, die Vermeidung bzw. Verwertung von Abfall sowie die Auswahl verträglicher Baustoffe und Bauweisen umfassen
  • die Abschätzung und Begrenzung der Kosten für laufende Unterhaltung und langfristige Instandhaltung des Bauwerks sowie der Betriebskosten technischer Anlagen

Im Einzelnen geht es um Ziele zur Einsparung von Energie und zur Minimierung des CO2-Ausstoßes: 

  • Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden
  • integrierte Planung von Baukörper, Wärmeschutz und Heiztechnik
  • hochwertiger Wärme- und Schallschutz
  • Einsatz regenerativer Energien, u. a. passive und aktive Nutzung von Solarenergie
  • Bevorzugung natürlicher Belichtung und Belüftung

zum schonenden Umgang mit Trinkwasser sowie dem Schutz und dem Erhalt des Grundwassers: 

  • Einsatz von Wasserspartechnik
  • Versiegelungsbegrenzung
  • Versickern und Nutzung von Niederschlagswasse

zur Grün- und Freiflächenplanung und zur Verbesserung des Kleinklimas: 

  • Schonung vorhandener Vegetation
  • ökologische Gestaltung von Freiflächen
  • gegebenenfalls Hof-, Fassaden- und/oder Dachbegrünung
  • integrierte Regenwasserkonzepte

zum Einsatz von Baustoffen, Bauteilen und Bauweisen:

  • Gesundheits- und Umweltverträglichkeit (in ihrer Gesamtbilanz) sowie hohe Lebensdauer von Baustoffen
  • Verwendung von Baustoffen und Bauteilen aus nachwachsenden Rohstoffen, die möglichst aus nachhaltigem Anbau gewonnen werden
  • Verwendung von recycelfähigen Baustoffen und recycelten Baustoffen und Bauteilen
  • Anwendung von Bauweisen, die reparaturfreundlich sowie mit geringem Aufwand nachrüstbar und sortenrein demontierbar sind
  • Vermeidung oder Reduzierung von Abfall

Aufgaben von Kammermitgliedern

Der Nachhaltigkeitsanspruch erstreckt sich auf alle Tätigkeitsfelder in Architektur und Planung, von großräumiger Stadt- und Landschaftsentwicklung bis zur Neu- oder Umplanung bzw. Sanierung einzelner Gebäude und Freiräume und damit auf die Arbeit aller in der Architektenkammer vertretenen Berufsgruppen der Architektur, Innenarchitektur, Stadtplanung und Landschaftsarchitektur.

Gerade Architekten und Planer sind in ihrer Arbeit fast ausschließlich mit zukunftsorientierten Aufgaben befasst, die sie als Treuhänder ihrer Auftraggeber gegenüber der Gesellschaft zu vertreten haben. Dies schließt die Beachtung langfristiger Nutzen- und Kosteneffizienz ein. Deshalb sind sie nicht nur besonders geeignet, sondern auch verpflichtet, Planungsaufgaben unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu entwickeln und damit dem Bauherrn eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu seinem Projekt zu vermitteln.